Ornithologische Beobachtungen im Dezember 2014

Es ist ein aussergewöhnlicher warmer Dezember. Alle vier Jahreszeiten durchleben wir in diesem Monat. Der grosse Wintereinbruch verzauberte das Werdenberg Ende Dezember in eine Märchenlandschaft. 

10.12. Hahnenfuss und Rotklee blühen, ein Blässhuhn sitzt auf dem allerdings leeren Nest. Im Afrika taucht ein eher selten zu sehender kleiner Zwergtaucher. Er ist der kleinste, rundlichste Lappentaucher und knapp halb so gross wie eine Stockente. Im Schlichtkleid jetzt vom verwaschenen weiss bis dunkelbraun fällt er nicht auf. Häufig versteckt er sich im Uferbereich. Zur Brutzeit baut er sein Nest im Flachwasser, gut versteckt. Zur Sicherheit deckt er die Eier mit Pflanzenmaterial zu, wenn er oder sie das Nest kurz verlässt. Jetzt entdeckt man die Zwergtaucher am ehesten, wenn sie mit einem Kopfsprung abtauchen, um nach kleinen Wassertieren zu suchen. Im Afrika versucht der Zwergtaucher und Eisvogel gleichzeitig, kleine Fische zu erbeuten. 

14.12. Blaumeisen klettern an Schilfhalmen auf und ab. Darin versteckt sind Insekteneier und –larven. Dies ist eine begehrte Nahrung für Meisen. Deshalb ist es wichtig, dass ein Teil des Schilfes stehen bleibt, so wie im Afrika und auch im zweiten Schutzgebiet in Buchs, im Wisenfurt. Dasselbe würde auch für Bachläufe und kleine Tümpel gelten. 

17.12. Der Streit der Schwäne auf dem Werdenbergersee hat begonnen. Wie jedes Jahr werden die Jungschwäne verjagt, weil der Platz nur für ein Paar ausreicht. Etwas verstört sitzt der Verjagte auf dem Platz beim Minigolf. Zwei Nilgänsen versuchen ihr Glück auf dem Seeli. Es ist nur ein kurzer Besuch. Mit hochgestellten Flügeln schiesst der männliche Höckerschwan wie ein Torpedoboot heran, und vertreibt sie unter lautem Getöse. Sie sind für das Schwanenpaar Nahrungskonkurrenten und werden nicht geduldet. 

20.12. Eine einzige Bachstelze ist auf zwei km Rheinlauf zu entdecken. Im normalen Winter gibt es auf fast allen Kiesbänken mindestens einen dieser Überwinterer. Nach unseren Vorstellungen wäre es jetzt einfacher als bei Eis und Schnee. 

24.12. Es ist immer noch mild. Dadurch angeregt, beginnen die Spechte ihre Reviere anzuzeigen. Ein Grünspecht wiehert vom Schneggen herab. Ein Schwarzspecht ruft sein weithin hörbares kliöö im Räfiser Holz. Ein Buntspecht trommelt im Rietli. Dieser Trommelwirbel hat nichts mit Nahrungserwerb zu tun. Er ist ein akustisches Signal, anstelle von Gesang. 

30.12. Plötzlich sind Schnee und Kälte da. Die Vögel brauchten lange, bis sie die Futterstelle fanden. Es sind die Haussperlinge, die als erste von den Nüssen picken. Eben sind sie zum Vogel des Jahres 2015 gewählt worden. Hier sind sie zur Zeit die häufigsten Vögel im Siedlungsraum. In der Nähe von Hühnerhöfen und Ställen finden sie Nahrung im Überfluss. In Scheunen und älteren Gebäuden gibt es genügend Schlupfwinkel zum Brüten. Beliebte Aufenthaltsorte sind Schulplätze und Pärke. Brotkrumen und andere Brosamen schmecken gut als Ergänzung zu Körnern, Insekten und Beeren. Im Buchenlebhag beim Primarschulhaus Grof haust ein Schwarm Hausspatzen. Sie warten, bis die Pause vorbei ist und der Platz mit vielen Brosamen ihnen gehört. Seitdem der Mensch sesshaft wurde und mit Ackerbau begann, ist der Hausspatz sein Begleiter. Spuren lassen sich 10'000 - 15'000 Jahre zurückverfolgen (Einhard Bezzel). Wir tragen also eine grosse Verantwortung für ihn.

Foto von Fredy Buchmann: Der Zwergtaucher taucht häufig, verbirgt sich im Pflanzenwuchs
Der Zwergtaucher taucht häufig, verbirgt sich im Pflanzenwuchs